kleanthes
Verlag für Medizin und Prävention GmbH & Co. KG

Aktuelle Kinderschlafmedizin 2013

von Sabine Scholle (Apolda) und Ekkehart Paditz (Dresden) (Hrsg.), kleanthes, Dresden 2013

43 Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz berichten in 20 Beiträgen über den aktuellen Stand der Kinderschlafmedizin, geben praxisbezogene Hinweise für den ambulanten, häuslichen und stationären Bereich und stellen eine ganze Reihe bisher nicht veröffentlichter Untersuchungsergebnisse vor. Dem Anstieg der Narkolepsiehäufigkeit in den letzten Jahren bei Kindern und Jugendlichen wird ebenso wie den Hintergründen der sogen. Bauchlagekatastrophe nachgegangen.

Vorwort der Herausgeber

Kinderschlafmedizin ist interdisziplinär angelegt. Zahlreiche Probleme können durch die Eltern gemeinsam mit niedergelassenen Kinderärzten und Psychologen selbst gelöst werden. Hierzu werden konkrete Praxistipps vorgestellt. Eine ganze Reihe von kindlichen Schlafstörungen kann erst in Zusammenarbeit mit HNO-Ärzten, Genetikern und Ärzten weiterer Fachgebiete diagnostiziert und behandelt werden. Die Prävention des plötzlichen Kindstodes ist ein weiteres wichtiges Anliegen. Hierzu werden Hinweise gegeben und aktuelle Untersuchungsergebnisse vorgestellt. Das Buch geht deutlich über eine Abstraktsammlung hinaus und richtet sich an alle Interessenten, die sich mit nichtorganischen und organischen Schlafstörungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter befassen oder im familiären Bereich mit kindlichen Schlafstörungen konfrontiert werden.

 

Versorgungsforschung

Stellenwert der pädiatrischen Schlafmedizin in Deutschland. Internetbasierte Umfrage an allen Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin/Kinderabteilungen Deutschlands (K. Klementz, Nauen)

84 Chefärzte von Kinderkliniken bzw. Kinderabteilungen in Deutschland beteiligten sich im November 2012 an einer bundesweiten internetbasierten Umfrage mit 10 Fragen zum Entwicklungstand der Kinderschlafmedizin in ihrer Einrichtung. In 53 Einrichtungen gibt es demnach ein Kinderschlaflabor, in dem bis zu mehr als 500 Polysomnografien pro Jahr durchgeführt werden. In 42 Kinderkliniken liegen Erfahrungen mit Heimbeatmung und nCPAP vor. Der Zeitaufwand von der Anamnese bis zur Fertigstellung des Arztbriefes wurde mit 1-4 Stunden pro Kind eingeschätzt. Diese Daten tragen neben den bereits vorliegenden Untersuchungen zu Fragen der Patientenzufriedenheit sowie zu gesundheitsökonomischen Erhebungen dazu bei, die Kinderschlafmedizin in Deutschland weiter voranzubringen.

 

SIDS-Prävention

Beginn der Bauchlagekatastrophe 1931 in New York (E. Paditz, Dresden)

Alfred Fabian Hess (1875 – 1933) aus New York berichtete 1931 gemeinsam mit David Greene über 34 Säuglinge, die in Rückenlage geschlafen hatten und ein „neues nichtrachitisches Syndrom“ mit Formveränderungen des Kopfes und des Brustkorbes aufwiesen. Hess und Greene forderten deshalb, dass Babys in Bauchlage zum Schlafen hingelegt werden sollten. Der bekannte Neonatologe Harold Abramson (1899–1974) stellte 1944 für die Jahre 1933 – 1942 einen Anstieg der Säuglingssterblichkeit fest. 68% der plötzlichen Kindstodesfälle waren mit der Bauchlage als Schlafposition assoziiert. Abramsons Forderung eines Präventionsprogrammes mit dem Hinweis, dass Babys in Rückenlage zum Schlafen gelegt werden sollten, blieb unbeachtet. 1972 wurde in der ehemaligen DDR eine gleichlautende Richtlinie erlassen, in deren Folge eine Abnahme der Häufigkeit plötzlicher Kindstodesfälle erfasst wurde, wie Daten aus Dresden und Halle zeigen. Wahrscheinlich hat zu diesem Ergebnis ein ganzes Bündel von Initiativen beigetragen (Stillen, Impfen, Empfehlung von Babyschlafsäcken, Mütterberatung, Herausgabe der Säuglingsfibel von Hempel u.a. ähnlichen Ratgebern in relativ hoher Auflage). In Deutschland ging die SIDS-Häufigkeit nach 1991 im Ergebnis der Untersuchungen von Gerhard Jorch aus Münster zurück.

SIDS, Thermoregulation und Baby-Schlafsäcke (W. Sauseng, Graz; R.Kerbl, Leoben; S. Thaller, M. Hausegger, H. Zotter, Graz)

15 Babys wurden während des Mittagsschlafs für eine Stunde bzgl. ihrer Körpertemperatur untersucht, während sie in einem Babyschlafsack oder unter einer Zudecke schliefen. Die Untersuchungen mittels Infrarot-Thermografie ergaben wichtige Hinweise auf die Temperaturregulation im Säuglingsalter sowie zur Sicherheit von Babyschlafsäcken.

Der sichere Baby-Schlafsack – Informationen für die Auswahl und Nutzung von Baby-Schlafsäcken (H. Jorch, Münster)

Hildegard Jorch aus Münster stellt eine Liste von 20 Merkmalen vor, die beim Kauf von Babyschlafsäcken beachtet werden sollten.

 

Übersicht für die Praxis:

Schlafstörungen im Kindes- und Jugendalter 

Schlafmedizin für den niedergelassenen Kinderarzt (B. Hoch, Augsburg)

Bernhard Hoch aus der Kinderklinik Josefinum in Augsburg entwickelte auf der Grundlage jahrelanger Erfahrungen mit kindlichen Schlafstörungen 10 Praxistipps, die ambulant tätigen Kinderärzten und interessierten Eltern Unterstützung beim Umgang mit Schlafstörungen im Kindes- und Jugendalter geben können.

10 Praxistipps für Ärzte und Eltern zum Umgang mit kindlichen Schlafstörungen.

Babys schlafen 9 bis 19 Stunden pro Tag. Bei Jugendlichen hat sich diese erhebliche Spannweite des individuellen Schlafbedarfs gravierend vermindert.

Grafik aus: © Iglowstein, J.; Jenni, O. et al.: Sleep duration from infancy to adolescence. Pediatrics (2003): Feb, 111(2), 302–7, with permission (AAP).

 

Insomnien und Parasomnien im Kindes- und Jugendalter (Ch. Zbick-Schmitt, Kaiserslautern)

Christine Zbick-Schmitt gibt einen Überblick mit Hinweisen vom Handbuch bis zur Leitlinie und zu Kinderbüchern, wie bei Schlafstörungen in Form von Insomnien und Parasomnien (z.B. Pavor nocturnus, „Nachtschreck“) geholfen werden kann.

Dysmorphiesyndrome und Schlaf – ein Überblick (M. L. Giarranna, Zürich)

Fehlbildungssyndrome sind häufig mit schlafbezogenen Atmungsstörungen und weiteren Schlafstörungen verbunden. Miriam Giarranna aus Zürich stellt praktikable Tabellen vor, bei welchen Syndromen an welche Schlafstörungen gedacht werden sollte.

Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit komplexen psychomotorischen Erkrankungen (M. Otto, Datteln)

Mehrfachbehinderungen erlauben zum Teil nur einen symptomorientierten Zugang, um den Leidensdruck der betroffenen Familien zu vermindern. Der bekannte Psychologe Michael Otto aus Datteln gibt zu diesem Thema einen aktuellen Überblick. Ein Teil der Ergebnisse aus der Verwendung eines neu entwickelten Fragebogens zur Erfassung dieser Störungen wird erstmals vorgestellt.

Epilepsie und Schlaf (U. Brandl, Jena)

„Schlafgebundene Anfälle sind Bestandteil verschiedener epileptischer Syndrome des Kindesalters, darunter die benignen fokalen Epilepsien, genetisch bedingte aber auch läsionelle Frontallappenepilepsien oder epileptische Enzephalopathien wie das Lennox-Gastaut-Syndrom. Etwa 25% aller Patienten haben ausschließlich schlafgebundene Anfälle. Außer beim letztgenannten Beispiel sind schlafgebundene Anfälle meist Symptom fokaler Epilepsien.“

Einfluss der frühen Sinnesentwicklung auf den Schlaf (A. Hübler, Aue)

Die Entwicklung der Sinnesorgane vor und nach der Geburt unterliegt zahlreichen Einflüssen. Der Neonatologe Axel Hübler fasst den aktuellen Kenntnisstand zusammen.

ALTE – apparent life threatening event: Diagnostik und therapeutische Konsequenzen. Rolle der Polysomnografie (Th. Erler, Cottbus)

Plötzlich auftretende lebensbedrohlich wirkende Ereignisse (ALTE) sollten ernst genommen werden, da durch kompetente und angemessene Diagnostik einerseits für Beruhigung der Eltern gesorgt werden kann sowie da andererseits in einem bedeutsamen Prozentsatz relevante Diagnosen gefunden werden. Thomas Erler aus Cottbus liefert klare Definitionen und umfassende differenzialdiagnostische Hinweise.

 

Schlafstörungen im Kindes- und Jugendalter:

aktuelle Studienergebnisse

Das Schlaftraining KiSS an einem externen Standort (B. Schwerdtle, A. Kübler, Würzburg; A. Schlarb, Tübingen)

37 Kinder mit Schlafstörungen wurden gemeinsam mit ihren Eltern zu einem strukturierten Interventionsprogramm eingeladen, das von vornherein familienorientiert ist. Den Eltern und Kindern ging es im Ergebnis von drei Sitzungen mit den Eltern und drei Sitzungen mit den Kindern auch nach einem Jahr besser. Damit konnte nachgewiesen werden, dass das aus Tübingen stammende Programm auch in der Hand anderer Kinderpsychologen und an einem anderen Standort wirksam ist.

Narkolepsie im Kindes- und Jugendalter: Wie fängt es an? (B. Schlüter, B. Dietz, M. Koch, F. Aksu, E. Trowitzsch, Datteln)

Der Anstieg der Häufigkeit von Narkolepsie bei Kindern und Jugendlichen ist auch im Kinderschlaflabor Datteln aufgefallen. Bernhard Schlüter berichtet über 24 Patienten, die in Datteln diagnostiziert und behandelt wurden. Zusammenhänge zur Grippeschutzimpfung zeigten sich nicht.

Die tonsilläre Hyperplasie als Ursache schlafbezogener Atemstörungen im Kindesalter –Moderne therapeutische Optionen (L. Eger, Erfurt; H. Kunhardt, Wiesbaden)

Die Auswertung von 665 Tonsillotomien bei Kindern mit anamnestischen Hinweisen auf eine schlafbezogene Atmungsstörung zeigte bei klarer Indikationsstellung zur Operation, dass Symptome wie das Schnarchen u.a. durch den Eingriff beeinflusst wurden. Auf die aktuelle Leitlinie zu diesem Thema sowie auf die vergleichsweise dazu deutlich erhöhten Risiken der kompletten Tonsillektomie wird hingewiesen.

Ein Neugeborenes mit muskulärer Hypotonie, respiratorischer Insuffizienz und Hydrops (F. Kirchhoff, D. Olbertz, G. Thiel, Rostock)

Bei Muskelhypotonie und neonatalem Hydrops mit Aszites sollte auch an ein Prader-Willi-Syndrom gedacht werden, obwohl darüber in der englischsprachigen Fachliteratur bisher noch nicht berichtet wurde. Anhand klinischer, sonografischer und genetischer Befunde wird der Weg vom Symptom zur gesicherten Diagnose geschildert.

Die Hämoglobinanomalie „Hb Bassett heterozygot“ als Ursache von Desaturationen in der Pulsoxymetrie (U. Blümlein, L. Geerdts, D. Schneider-Kulla, W. Heinritz, Th. Erler, Cottbus)

Weltweit wurde bisher erst über drei Kinder berichtet, die die sehr seltene Hämoglobinanomalie Hb Bassett aufwiesen. Aus Cottbus wird ein weiteres Kind vorgestellt, das im Neugeborenenalter Desaturationen bis zu 82% zeigte. Die Fallstricke der Diagnostik auf dem Weg zur richtigen Diagnose werden eindrucksvoll erläutert.

Schlafverhalten von Säuglingen nach komplexen herzchirurgischen Eingriffen (M. Quante, N. Wolf, J. Richter, F. Pulzer, A. Merkenschlager, W. Kiess, I. Dähnert, Leipzig)

Bei 20 Säuglingen wurde nach komplexen herzchirurgischen Eingriffen auch nach Schlafstörungen im Ergebnis von Schmerzen und OP.-Stress etc. gesucht. Die Ergebnisse werden innerhalb des Beitrages vorgestellt

Außergewöhnliche Erkrankungen aus Subspezialitäten der Kinderheilkunde und ihre Erscheinung im pädiatrischen Schlaflabor (C. Doerfel, K. Kentouche, Jena)

Kinderonkologen, Kinderkardiologen und pädiatrische Intensivmediziner stoßen im Ergebnis schlafmedizinischer Untersuchungen auf neue Gesichtspunkte und auf zum Teil überraschende diagnostische Hilfestellungen, wie Claus Doerfel aus Jena am Beispiel mehrerer Verläufe zeigt.

 

Pädiatrische Polysomnografie

Polysomnografie zur Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen im Kindesalter – Theorie und Praxis (S. Scholle, Apolda)

Sabine Scholle aus Apolda meldet sich mit ernst zu nehmenden kritischen Hinweisen in Bezug auf neue Auswertekriterien für Schlaflaboruntersuchungen aus den USA zu Wort (sogen. AASM-Kriterien). Neben den kritischen Überlegungen zu definierten Parametern, insbesondere die Atmungsanalyse betreffend, werden konkrete Vorschläge vorgelegt, wie die Aussagekraft der Polysomnografie gesteigert werden kann.

Artefakt oder biologisches Signal? Strategien zum Erkennen und Handeln (Ch. Hentrich, Apolda)

Christine Hentrich aus Apolda erläutert Schritt für Schritt, auf welche Störungs- und Fehlerquellen innerhalb einer pädiatrischen Polysomnografie gezielt geachtet werden sollte.

 

Auf einen Blick

  • Ergebnisse der nichtinvasiven Infrarot-Thermografie bei 15 Säuglingen, die im Babyschlafsack oder unter einer Decke geschlafen haben (Dr. med. W. Sauseng, Graz)

Beim Baby spielt die Temperaturregulation über die Kopf- und Gesichtshaut eine erhebliche Rolle. Babys sollten deshalb im Schlafzimmer der Eltern bei einer Temperatur um 16–18°C und ohne Kopfbedeckung schlafen. Babyschlafsäcke tragen zum sicheren Babyschlaf bei.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Fotografien aus dem Beitrag von W. Sauseng, Graz in „Aktuelle Kinderschlafmedizin 2013“.
Quelle: Sauseng, W. et al.: Baby Sleeping Bag and Conventional Bedding Conditions – Comparative Investigations by Infrared Thermography. Baby-Schlafsack und konventionelle Decke – vergleichende Untersuchungen durch Infrarot-Thermografie. Klin Pädiatr (2011): 223 (5), 276-279.
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Verlages.
© Thieme Publishing Group.
  • Praxistipps beim Kauf von Babyschlafsäcken (H. Jorch, Münster)
  • Transnatales Lernen und early programming – Hinweise zum aktuellen Kenntnisstand über den Einfluss der vorgeburtlichen und frühkindlichen Entwicklung der Sinnesorgane auf den Schlaf (PD Dr. A. Hübler, Aue)
  •  Meilensteine der SIDS-Prävention aus New York und aus der ehemaligen DDR (Prof. Dr. med. E. Paditz, Dresden)
  • Seltene Erkrankungen, an die im Säuglingsalter gedacht werden sollte – Hydrops neonatorum und Muskelhypotonie als Hinweis auf ein Prader-Willi-Syndrom (Dr. med. F. Kirchhoff, Rostock), Desaturationen beim Neugeborenen infolge einer Hämoglobinanomalie Bassett (Dr. med. U. Blümlein, Cottbus)
  • Kritik der amerikanischen Kriterien (AASM) für die Auswertung kindlicher Polysomnografien (PD Dr. rer. nat. S. Scholle, Apolda)
  •  Erkennung und Vermeidung von Artefakten in der kindlichen Polysomnografie (Ch. Hentrich, Apolda)

Fachbuchbroschur 14,8 x 21,0 cm im Hochformat 

80 Seiten + Umschlag 
Inhalt sw, Umschlag 4c

ISBN 978-3-942 622-09-7Herausgeber:

Sabine Scholle (Apolda) und Ekkehart Paditz (Dresden),

Herausgeber der Serie: 
Prof. Dr. Ekkehart Paditz

Gestaltung: Bettina Lindner, Dresden

kleanthes, Dresden 2013

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